Charkiw

Der Freiheits-Platz (Majdan Swobody) in Charkiw ist einer größten Europas. Dort kann man sich schon verloren vorkommen, wenn nicht gerade wie an Feiertagen oder zu Kundgebungen Massen von Menschen ins Zentrum strömen. Auch hier hat man, wie in vielen anderen Städten der Ukraine, das große Lenin-Denkmal weggeräumt, das diesen Platz sozusagen beherrschte. Nichts erinnert mehr daran, dass Charkiw einmal Hauptstadt der Ukraine war, damals nämlich, als 1918 dort die ukrainische Sowjetrepublik ausgerufen wurde.1934 wurde Kiew Hauptstadt.
 

Ich habe eine wunderbare Zeit in Charkiw erlebt, obwohl ich anfangs nicht gerne hinwollte. Als Beobachterin der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa, der OSZE, im Einsatz, habe ich extensiv das ganze Gebiet um Charkiw mit den Fahrzeugen der OSZE abgefahren. Ich kenne bald jedes Schlagloch und jede gut ­ausgebaute Straße im Oblast Charkiw. In der Stadt bin ich an allen Ecken und Enden Patrouille gelaufen, habe überwiegend Demonstrationen und politische Kundgebungen beobachtet oder bin mit den Kolleginnen und Kollegen den Folgen von Anschlägen nachgegangen.

Immer wieder hat mich die Hingabe der Menschen berührt, ihre Aufgeschlossenheit und vor allem ihre Liebe zur Ukraine als ihrem Land, auch dort, ganz an der Ost­grenze der Ukraine zu Russland. Sie singen ukrainische Lieder, sprechen Russisch oder Ukrainisch, kleiden und schmücken sich auf ukrainische Art. Eine Teilung oder Trennung zu den zentralen und westlichen Teilen des Landes habe ich nie bemerkt. Ein Schnellzug bringt Sie komfortabel von Kiew nach Charkiw.

Die Stadt ist ein Wissenschafts- und Bildungszentrum der ­Ukraine. Es gibt dort zweiundvierzig Universitäten und Hochschulen. Faszinierend finde ich die vielen Studenten dort. Um die dreihunderttausend sollen es sein. Und alle sind wissbegierig. An einer der Universitäten habe ich für eine interessierte Gruppe sogar Deutsch unterrichtet und an einer anderen über Journalistik und Medien in Deutschland doziert.